Zur Zeit der Qin-Dynastie, im ersten chinesischen Kaiserreich, verwendete man Fingerabdrücke, um Einbrecher*innen zu identifizieren, aber auch, um Dokumente zu unterzeichnen und zu besiegeln. 2.000 Jahre später werden Europäer*innen das Nehmen von Fingerabdrücken in ein Instrument der Massenüberwachung verwandeln. Nach der Niederschlagung des Indischen Aufstands von 1857 begannen britische Kolonalbeamt*innen in Indien ihre Experimente mit Fingerabdrücken als schnelle und einfache Methode, um ihre administrative Umklammerung und Kontrolle fester zu ziehen. Im Jahr 2015 veröffentlichte die Europäische Kommission Arbeitsunterlagen, in denen der Einsatz von Haft und Zwangsmaßnahmen zur Erlangung von Fingerabdrücken klar angedeutet wird, angewandt auf Menschen, die um Asyl suchen oder die EU-Grenzen ohne offizielle Erlaubnis überschreiten und sich weigern, ihre Fingerabdrücke abzugeben. Die Autor*innen dieses Dokuments bezeichnen Menschen, die zur Abgabe ihrer Fingerabdrücke verpflichtet sind, als „Datensubjekte“, als Träger*innen lesbarer Informationen.
Ausgehend von ihrer gemeinsamen Recherche zu Grenzregimen schreiben der Theatermacher Thomas Bellinck und der Journalist Said Reza Adib ein Schauspiel für die Performer*innen Musia Mwankumi und Jeroen Van der Ven. Von den winzigen Furchen auf ihren ganz eigenen Fingerspitzen weiten sie den Blick in eine Welt, in der Hautmuster Laptops entsperren, und in der Finger von Regierungen als Messinstrumente requiriert werden – um zu entscheiden, wer das Recht dazu hat, sich auf welchem Hoheitsgebiet aufzuhalten.