Das „Leben des Galilei“ schrieb Bertolt Brecht in den Jahren 1938/39 im dänischen Exil. In Deutschland verbreiteten die Nazischergen bereits ihren Schrecken, die Reichspogromnacht am 9. November 1938 kündigte unübersehbar die Gräuel der kommenden Jahre an. Im ganzen Land wurde in dieser Zeit die aufkeimende demokratische Freiheit massiv unterdrückt, das Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit aufgehoben. Die Diktatur gab vor, was zu denken war und entwarf ihr eigenes Weltbild, das vom gesamten Volk vertreten werden sollte. Widerspruch führte zu Verfolgung und zu Gefahr für Leib und Leben.
Brecht fing dieses politische Klima ein und machte daraus ein episches Theaterstück, das trotz des ernsten Themas nicht an Komik, beißendem Spott und treffsicherer Kritik spart. Er verlagert die Handlung ins Italien des 17. Jahrhunderts. Hier treffen wir in der Republik Venedig den Wissenschaftler Galileo Galilei, der auf den Gebieten der Physik und der Astronomie Forschungen betreibt. Voller Euphorie findet Galilei mit Hilfe des von ihm weiterentwickelten Fernrohrs heraus, dass der Planet Jupiter von vier Monden umkreist wird. Daraus schließt er, dass die Erde nicht der Mittelpunkt des Weltalls sein kann, wie es die katholische Kirche seit Jahrtausenden aus machtpolitischen Gründen vertrat, sondern dass sich die Gestirne um die Sonne drehen. Zuversichtlich geht Galilei davon aus, dass die Mächtigen aus Adel und Kirche das Offensichtliche nicht leugnen können und aufgrund seiner Forschungsergebnisse das geozentrische Weltbild revidieren würden. Aber aus Angst vor einem Umsturz verdammt die Kirche das neue heliozentrische Weltbild Galileis. Als ihm von der Inquisition mit Folter gedroht wird, knickt Galilei ein, widerruft seine Erkenntnisse und schweigt Jahre lang über seine Forschungen. Letztlich aber bleibt Galilei der subversive Sieg über die Propaganda der Mächtigen, und verändert damit die Welt.
Bertolt Brecht macht in diesem Stück deutlich, dass der Mensch mit Hilfe seiner Vernunft gesellschaftliche und politische Strukturen verändern kann, wenn auch manchmal erst sehr langfristig, etwa durch die subversive Verführung, die von wissenschaftlichen Beweisen ausgeht. Gleichzeitig aber zeigt er auch auf, dass die sogenannte Wahrheit sehr fragil ist und permanenten Veränderungen unterliegt, die nicht immer mit den Fakten zu tun haben, sondern oft auch mit den Stärken und Schwächen der Menschen, die sie vertreten.
Premiere am 22. Juni 2022 um 20 Uhr im Einstein Kultur