Melodramatische Performance eines Gedichts
Linn Meier (♰2019) ist ein Text zwischen Theatermonolog, Langgedicht und Dokumentation. Er ist Teil von Martina Hefters Gedichtband In die Wälder gehen, Holz für ein Bett klauen (2021, kookbooks-Verlag Berlin). Darin spricht eine Figur namens Linn Meier über ihre Zeit als magersüchtige Jugendliche und über die Erfahrung sexueller Gewalt. Passagen poetischen, der Realität enthobenen Sprechens, die die euphorischen Momente des Hungerns widerspiegeln, stehen solche von Direktheit und Wut über das Erlebte gegenüber. Das Erlebte, das Linns Leben komplett umgekrempelt und ihm eine andere Richtung gegeben hat. Während andere in ihrem Alter feierten und den Umgang miteinander probten, saß Linn Meier in ihrem Zimmer und dachte darüber nach, ob sie einen halben Apfel essen soll.
Über das eigene persönliche Schicksal hinaus stellt Linn Meier Überlegungen zur Welternährung und Hunger an, setzt ihr persönliches Leid in Bezug zu globalem Leiden. Inwieweit sind der eigene Körper und die Frage, wie er ernährt wird, eine rein private Angelegenheit? Ist es nicht auch eine politische Sache? Hängt die Erfahrung, die Linn Meier machen musste, zusammen mit einer globalen Verfassung? Wie kann man angemessen über das alles reden? Oder muss es gar nicht angemessen sein?
Der Gedichtband wurde bei seinem Erscheinen breit rezipiert und überregional besprochen. Fast überall wurde der Text über Linn Meier hervorgehoben und die radikale Offenheit sowie die poetische, gleichwohl verständliche Kraft der Sprache erwähnt. Mit Einrichtung dieses Texts in eine szenisch-musikalische Performance setzt Martina Hefter die Arbeit an der Umsetzung eigener literarischer Texte fort. Wie schon in Es könnte auch schön werden und Mein Haus meine Freunde mein Pferd (2020 bzw. 2021) stellt sie als Autorin / Performerin individuelle Schicksale in Bezug zu gesellschaftlichen Bedingungen und Zuständen. Wie kann ein Individuum, das von Krankheit oder Katastrophen getroffen ist, seinen Platz in der Gesellschaft finden?
Veranstaltung: SA 01. April | 20 Uhr und SO 02. April | 18 Uhr
Dauer: ca. 1 Std.
Ort: PATHOS Theater
Sprache: Deutsch
Tickets: 30 € Support-Ticket | 18 € Normalpreis | 12 € ermäßigt | 5 € Mindestpreis
Publikumsgespräch: am SA 01. April im Anschluss an die Vorstellung mit der Kunst- und Körpertherapeutin Susanne Schüll vom Therapienetz Essstörung
Performance: Martina Hefter, Patrice Lipeb & Timm Völker | Text: Martina Hefter | Musik: Patrice Lipeb & Timm Völker | Outside Eye: Paul Watermann | Licht: David Horsters | Fotos: Marco Seeling, Agentur Junggold & Carmen Laux
Über die Künstlerin
Martina Hefter ist Autorin und Performerin. Ihre Texte bewegen sich zwischen Gedicht, Essay und szenischen Schreibformen. Patrice Robert Lipeb ist Musiker, Audioartist und Performer. Er arbeitet mit Musiker*innen und Künstler*innen anderer Gattungen zusammen und ist außerdem als Theatermusiker und im Bereich Hörspiel aktiv. Timm Völker ist Musiker, Sänger und Songschreiber. Neben Musik für eigene Projekte komponiert er auch fürs Theater und wirkt in unterschiedlichen Konstellationen in performativen Projekten mit.
Gefördert durch die Akademie der Künste aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen des Programms NEUSTART KULTUR. Gefördert von der Stadt Leipzig / Kulturamt. Mit freundlicher Unterstützung der Sparkasse Leipzig. Unterstützt durch das NATIONALE PERFORMANCE NETZ Gastspielförderung Theater von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, sowie den Kutlur- und Kunstministerien der Länder.