Als Albert Langen und Thomas Theodor Heine 1896 die Zeitschrift „Simplicissimus“ gründeten, war die westliche Zeitungswelt ein Biotop der Karikatur und Satire. Tollkühne, politisch wagemutige Inhalt wurden von einem eindeutigen, für die Zeit revolutionär modernen Grafikdesign gewandet. In München griff der „Simplicissimus“ die steifen preußischen Militärs und die starre Klassengesellschaft aus dem Blickwinkel der – wie gern behauptet wurde – entspannteren, liberaleren Atmosphäre in der bayerischen Metropole an. Während der Weimarer Republik positionierte sich das Magazin klar gegen jeden Extremismus von rechts und links. Nach der schrittweisen Machtübernahme der Nationalsozialisten waren die Autor*innen und Künstler*innen des „Simplicissimus“ Angriffen, Bedrohungen und persönlichen Einschüchterungen ausgesetzt. Der Herausgeber Thomas Theodor Heine musste 1933 wegen seiner jüdischen Wurzeln seine Position aufgeben. Andere Redaktionsmitglieder und Künstler wie Kai Arnold, Olaf Gulbransson, Edward Thöny, Erich Schilling und Wilhelm Schulz blieben und passten sich der offiziellen Parteilinie an. Bis zu seiner Auflösung 1944 erschien der „Simplicissimus“ in sich stetig verkleinernder Form.
Das Stück „Simplicissimus“ des norwegischen Theater Corpus ist ein satirisches, musikalisches Figurentheater-Kabarett mit Musik von Maja Ratke und Poing nach einem Text von Knut Nærum und Tormod Lindgren. Im Zentrum der vielschichtigen Collage steht der Konflikt zwischen Olaf Gulbransson und Theodor Heine. Wo endet die Freiheit des Künstlers? Und wie steht es um sein Gewissen?
Das Theater Corpus wurde 2017 von Tormod Lindgren gegründet und arbeitet mit einem Schwerpunkt auf Figurentheater. Seine Arbeit umfasst Bühnenbild, Kostüme, Video, Puppendesign und Regie. Er hat international über 100 Produktionen in den Bereichen Theater, Tanz, Figurentheater und Oper realisiert und wurde mehrfach ausgezeichnet.
Foto: (c) Tormod Lindgren
Im Rahmen von wunder. Internationales Figurentheaterfestival